Bundesrat genehmigt Fernbusse

2. November 2012
Allgemein

Busreisen durch Deutschland mit dem Fernbuss Ab 2013 dürfen Fernbusse auf mehr Strecken in Deutschland fahren. Dafür hat der Bundesrat am Freitag den Weg freigemacht. Die seit mehr als 70 Jahren geltenden Beschränkungen zum Schutz der Bahn werden damit weitgehend aufgehoben. Was bedeutet das für Verbraucher? Einige Fragen und Antworten im Überblick.

Was hemmt Fernbuslinien bisher in Deutschland?

Für Busse gelten historische Beschränkungen, die bis in die 1930er Jahre zurückreichen. Damit sollte einst die Entwicklung der Eisenbahn geschützt werden. Fernbuslinien werden deswegen in der Regel noch immer nicht genehmigt, wenn es parallel eine Zugverbindung gibt. Ausnahme ist seit der deutschen Teilung Berlin, dessen Westteil gut erreichbar sein sollte. Auch ins Ausland gibt es Reisebusfahrten schon länger. Zuletzt hatten Fernbusse laut Statistischem Bundesamt zwei Millionen Inlandskunden im Jahr, Fernzüge aber 125 Millionen.

Fahre ich künftig mit dem Fernbus günstiger als mit der Bahn?

Nicht unbedingt. «Man muss sehen, wie sich die Preise entwickeln», sagt Heidi Tischmann vom Verkehrsclub Deutschland (VCD). In England etwa seien die Tickets für viele Reisebusse nicht gerade günstig, weil die Busse besonders komfortabel seien. Auch der ADAC wagt noch keine Prognose. «Noch steht ja gar nicht fest, ob und auf welchen Strecken es Parallelangebote geben wird», sagt Maxi Hartung. Sie glaubt aber, dass der neue Wettbewerb zwischen Bahn und Fernbusanbietern «gut für die Preisstruktur» sein wird und Reisenden Vorteile bringen könnte.

Beispiele dafür gibt es bereits: Das Offenbacher Unternehmen DeinBus.de etwa bietet ab 9 Euro Fahrten zwischen Großstädten wie Frankfurt und München an. Das billigste Bahnticket im Fernverkehr kostet 19 Euro. Das Auto stechen besonders günstige Bus- und Bahnangebote auf langen Strecken längst aus: Selbst mit mehreren Mitfahrern in einem Wagen ist die Autofahrt häufig teurer, sagt Hartung.

Womit komme ich schneller zum Ziel?

Reisebusse brauchen in der Regel länger als die Bahn und auf der Schiene gibt es lange nicht so viele Störungen und Hindernisse wie auf der Straße», sagt Tischmann. Aus ihrer Sicht spricht aber für den Bus, dass manche das Reisen damit als unkomplizierter empfänden. Kinder und Ältere fühlen sich in einem Bus oft besser aufgehoben. Das Umsteigen an unübersichtlichen Bahnhöfen zum Beispiel falle weg.

Für welche Kunden könnten Fernbusse interessant sein?

Schon jetzt sind Busse eine Alternative für Schnäppchenjäger. So kostet die knapp dreieinhalb Stunden lange ICE-Reise von Berlin nach Dortmund 96 Euro zum Normaltarif, eine Busfahrt ist für regulär 38 Euro zu haben – dauert aber gut sieben Stunden. Geschäftsleute dürfte das kaum zum Umsteigen bewegen. Die neuen Angebote richten sich denn auch zuerst an preissensible Pkw-Nutzer», denen eine Mitfahrzentrale nicht verlässlich genug ist oder ihr Auto wegen hoher Spritprise schlicht zu teuer, wie der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer erwartet. Am attraktivsten dürften Routen bis 400 Kilometer sein.

Stehen Busfirmen schon in den Startlöchern?

Etwa 50 bis 100 mittelständische Busfirmen interessieren sich für den neuen Markt, wie es beim Verband heißt. Dass zum 1. Januar sofort etliche neue Linien starten, wird in der Branche aber nicht erwartet. Nach der langen politischen Unsicherheit sind Investitionen etwa ins Marketing nötig, kleinere Anbieter könnten sich für Kooperationen zusammentun. Der größte private Bahn-Konkurrent Veolia Verkehr hatte schon 2010 drei Buslinien von Mönchengladbach nach München sowie von Essen nach Hamburg und München beantragt – nach alter Rechtslage. Sie würden nun nochmals neu bewertet, wie eine Sprecherin sagt. Insofern können wir heute noch nicht sagen, wie, wann und wo wir starten.

Wo kann ich jetzt schon mit Fernbussen fahren?

Der Verkehrsverbund Berlin Linien Bus bedient heute rund 30 innerdeutsche Strecken von Berlin aus. Auf dem Fahrplan stehen zum Beispiel Hamburg, Köln, Frankfurt am Main, Hannover, Lindau, München und Rostock. Die Sonderrolle Berlins hat historische Gründe: Zu DDR-Zeiten gab es nur wenige Eisenbahnverbindungen zwischen West-Berlin und der Bundesrepublik. Die Bundesregierung erteilte eine Ausnahmegenehmigung für Linienbusse, die bis heute besteht.

Das Unternehmen Deinbus.de verkehrt unter anderem von Freiburg nach Stuttgart: Drei Stunden und 10 Minuten dauert die Fahrt. Mit der Bahn sind es zwar nur zwei Stunden, doch es geht nicht ohne Umsteigen in Karlsruhe. Deinbus.de steuert darüber hinaus auch München, Heidelberg oder Tübingen an. Zwischen München und Konstanz sowie München und Freiburg verkehrt der Konkurrent Meinfernbus.de. Drei Stunden und 20 Minuten dauert die Fahrt von München nach Konstanz. Mit der Bahn sind Reisende vier Stunden unterwegs und müssen zweimal umsteigen.

Was sagt die Deutsche Bahn?

Der bundeseigene Konzern wartet zunächst ab. Wir beobachten die Entwicklungen des Fernbusmarktes und werden entsprechend reagieren», sagt ein Sprecher. Dabei wollte die Bahn als größter Anbieter der Republik (rund 14 000 Busse/30 Fernlinien) bei einer Marktöffnung eigentlich selbst in die Offensive gehen. Im vergangenen Jahr entschied der Vorstand aber erst einmal, sich auf das Kerngeschäft mit Zügen zu konzentrieren. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) betont, es gehe nicht darum, der Schiene Kunden abzujagen. Statt 25 oder 50 Pkws auf der Autobahn sei aber ein Bus mit 50 Gästen wirtschaftlich und auch für die Umwelt besser.

Wie sieht es mit der Umweltbilanz aus?

Hierbei ist ein pauschaler Vergleich schwierig. Es kommt immer auf die Auslastung an», sagt Tischmann. Zwar haben auch der Verband Allianz pro Schiene und der Verband der Bahnindustrie in Deutschland ermittelt, dass der Reisebus den Fernzug beim Energieverbrauch und CO2-Ausstoß pro Personenkilometer schlägt – allerdings nur unter der Annahme, dass die Reisebusse sehr gut ausgelastet sind.

Busreisen